Der Bahnhof Herisau, eine besondere Geschichte

Ursprünglich mitten ins Dorf, wie es einem Industrieort gebührt

Nicht in direktem Zusammenhang mit der neuen Strecke nach Gossau, aber im Kontext mit der Neu-Organisation der Bahner­schliessung im Raum Winkeln – Herisau – Gossau sind die durch den Bau der Bodensee—Toggenburg-Bahn verursachten gewaltigen Veränderungen der Bahnlandschaft in Herisau zu sehen.

Die alte, von Winkeln heraufführende AB-Strecke stieg auf dem Gemeindegebiet von Herisau gleich­mässig steigend ent­lang der Flanke eines Tales, des "Schel­mentöbeli", bis sie ungefähr dort, wo der heutige AB-Bahnhof steht, aber etwa 10 m höher und gut 20 m über dem Talgrund die so­genannte 'Wechselstation' er­reichte, wo neben ei­nem Kreuzungsgleis die Depot- und Werkstättenan­lagen standen. Von der Wechselstation führte ein Gleis in einer Kurve durch einen markanten Ein­schnitt zum eigentlichen Bahnhof Herisau, der als Kopfbahnhof mitten im Dorfzentrum endete. Für die Weiterfahrt nach Appenzell mussten die Züge zur Wech­selstation zurück drücken, bevor es mit Spitz­kehre weiter ging.

Abgegraben. Wieder Streitereien mit der Bodensee - Toggenburg Bahn

Mit dem Bau der Bodensee - Toggenburg Bahn entstand ein heftiger Streit zwischen den beiden Bahnen. Die BT wollte, statt ins Dorf Herisau zu fahren, einen Bahnhof nördlich davon und wesentliche tiefer gelegen. Damit liessen sich wesentlich Höhenmeter sparen. Aber dafür musste auf 1100 m Länge ein halber Hügel abgetragen und das Schelmentöbeli zur Hälfte zugeschüttet werden. Zusätzli­cher Felsabtrag war erforderlich. Die Zufahrt der AB zu ihrem Bahnhof in Herisau musste dem samt der Wechselstation zum Opfer fal­len. Ver­ständlich, dass die AB wenig erfreut war, wurde sie damit doch aus dem Dorf verdrängt und zudem zum Nebenbahnhof degradiert.

Teile des ehemaligen AB-Trassees sind nach wie vor sichtbar, insbesondere der Einschnitt der Zufahrt zum alten Kopfbahnhof. Weitere umfangreiche Geländeveränderungen waren für den Bau von Zu­fahrtsstrassen zum neuen Bahnhof erforderlich. Dadurch entstand die heutige Bahnhof­strasse. Nach der Aufhebung des alten Bahnhofs entstand ihr entlang eine fast grossstädtisch anmutende Überbau­ung. In diesem Bereich ist deshalb von den ehemaligen Bahnanlagen nichts mehr aus­zumachen.

Oberhalb des „Alten Zoll“ kam die ursprünglich gestreckte Führung der alten AB-Strecke der ge­planten BT-Strecke abermals buch­stäblich in die Quere. Um das AB-Trassee am westlichen Ende des Taltunnels der BT über diese führen zu können, musste das Gleis in einen nach rechts ausholen­den Bogen verlegt werden, in welchen dann 1913 die neue Strecke von Gossau eingefä­delt wurde.